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Es muss nicht immer das teuerste sein

Fujifilm XC 50-230mm f/4.5-6.7 OIS

Bei der Bezeichnung „Teleobjektiv“ fallen einem sofort die Adjektive „groß“, „schwer“ und „teuer“ ein – große, weiße Rohre mit dem Sport- oder Tierfotografen ihren jeweiligen Motiven auflauern.

Aber oft ist der seltene Vogel oder der sportliche Erfolg gar nicht das geplante Motiv, manchmal möchte man einfach nur eine komprimiertere Perspektive, um schmale Ausschnitte oder Details von Landschaften herauszustellen.


Schon bei meinem Besuch in Rügen gab es einige Motive, bei denen ich mir eine höhere Brennweite als die 56mm meines Portrait-Objektivs gewünscht hätte. Also machte ich mich nach dem Urlaub auf die Suche nach einem passenden Glas.

Anforderungen

  • Bildstabilisator, um es auch in semi-optimalem Licht verwenden zu können
  • Möglichst leicht, um es auch auf Wandertouren verwenden zu können
  • Hohe Flexibilität bzw. ein weiter Zoombereich, ich möchte nicht mehr als 1 Objektiv in diesem Brennweitenbereich mitschleppen müssen

Im derzeitigen Angebot finden sich 5 Objektive im gesuchten Bereich:

XF 100-400mm f/4.5-5.6 R LM OIS WR

Dieses Objektiv reizt mich nach wie vor sehr. Die Abbildungsleistung soll sehr gut sein, und zusammen mit dem 2x Telekonverter erhält man über 800mm Brennweite (auf Kleinbild umgerechnet sogar 1200mm!). Das Problem: Es ist mit Abstand das teuerste Objektiv, und auch sehr schwer. Bei diesem Kanonenrohr überlegt man sich 2x ob man es nun auf die Bergtour mitnimmt oder nicht.

XF 90mm f/2 R LM WR

Dieses Objektiv hatte ich schon im Auge, als ich auf der Suche nach einem Portraitobjektiv war. Es ist lichtstark, die Abbildungsleistung gehört zum besten was man derzeit für Fujifilm bekommt. Aber für meinen geplanten Einsatzzweck ist es zu unflexibel, die Brennweite doch zu kurz und im Grunde mit 540g Gewicht auch zu schwer.

XF 18-135mm f/3.5-5.6 R LM OIS WR

Das 18-135mm wird oft mit „größeren“ Fujifilm-Kameras (X-T1, X-T2 usw.) als Kit angeboten. Im Einzelkauf ist es sehr teuer, und der Brennweitenbereich überschneidet sich mit *allen* meinen anderen Objektiven. Gleichzeitig ist dies gewichtiges Argument für dieses Objektiv, vor allem im Zusammenspiel mit dem Wetterschutz: Wenn es gerade Regnet, oder ein extremer Wind weht (siehe Irland Reisebericht), oder es anderweitig schlechte Wetterbedingungen hat, möchte man nicht unbedingt oft das Objektiv wechseln. Der hohe Preis, die nicht unbedingt glänzende Abbildungsleistung und die moderate obere Brennweite haben mich letztlich von einem Kauf abgehalten – schließlich bin ich auf der Suche nach einem wirklichen Teleobjektiv.

XF 55-200mm f/3.5-4.8 R LM OIS

Im Hinblick auf Größe und Gewicht sehr im Rahmen, wird dieses Objektiv auch manchmal zusammen mit dem 2.8-4/18-55mm und einer Kamera im Kit angeboten. Ich habe lange überlegt ob es nicht dieses Objektiv anstatt dem 50-230mm werden soll, aber schlussendlich fand ich ein sehr gutes Angebot für das kleinere Objektiv. Weniger als 1 Blende mehr Lichtstärke und ein besserer Autofokus waren mir den nicht unerheblichen Aufpreis nicht wirklich wert.

XC 50-230mm f/4.5-6.7 OIS

Dieses Objektiv ist eines der beiden aus der „XC“-Serie, die oft mit günstigeren Fujifilm-Kameras im Kit verkauft werden. Hier wurde an vielen Stellen (Plastik-Gehäuse, Plastibajonett, kein Blendenring) der Rotstift angesetzt um einen günstigeren Einstieg in das Fuji-System zu ermöglichen. So besteht der Tubus fast ausschließlich aus Plastik und auch der Blendenring der XF-Objektive wurde eingespart. So muss man hier die Blendeneinstellung über ein Rädchen an der Kamera ändern. Mittlerweile gibt es auch eine „Mark II“ Version, die einen etwas besseren Bildstabilisator hat.

Beispielbilder

Fazit

Gekauft habe ich das XC 50-230mm II dann im August 2016 sehr günstig bei eBay in der silbernen Version – es ist schon ab ca. 150€ zu bekommen. Es hat mich auf meinen Reisen in die Toskana und nach Irland begleitet, wobei sich gezeigt hat das es die Anforderungen, die ich an „mein“ Teleobjektiv stelle, erfüllt hat. Vielseitig, leicht und man überlegt nicht lange, es zusätzlich noch in die Fototasche zu packen.

Die Nachteile des Objektives haben sich allerdings auch offenbart: Der Autofokus ist tatsächlich sehr gemächlich, ein laufendes Tier zu verfolgen ist trotz des üblicherweise guten AFs der X-T1 schwer bis unmöglich. Gerade in den Abendstunden macht sich auch die Offenblende von 6.7 bemerkbar, da die ISO sehr schnell in schwindelerregende Höhen kommt – Andererseits reicht die Abbildungsleistung bei Offenblende aus um hier noch brauchbare Qualität zu erzielen. Betrachtet man allerdings kleinste Details (und hat gutes Licht), so haben die XF-Objektive in meiner Tasche doch immer einen Qualitätsvorsprung.

In manchen Situationen wäre eine höhere Lichtstärke auch wünschenswert, um z. B. ein paar Tiere die sich doch mal still halten, etwas besser Freistellen zu können <Bild fressender Vogel>. Nichtsdestotrotz Blende ich bei ausreichend Licht ab, da sich hier doch noch eine Verbesserung einstellt.

Der im Gegensatz zu den „XF“-Objektiven fehlende Blendenring stört wesentlich weniger als erwartet, die Umstellung von „am Objektiv drehen“ zu „Ein Rad an der Kamera drehen“ geht wesentlich flüssiger vonstatten als erwartet.

Wie in den Beispielbildern zu sehen, ist es durchaus möglich, Tiere zu erwischen. Der langsame Autofokus macht einem aber bei Bewegungen fast immer einen Strich durch die Rechnung. Auch 230mm Brennweite – 350mm Kleinbild-äquivalent –  ist weniger als es zunächst den Anschein hat.

Dieser Luchs beispielsweise war etwas weiter entfernt, was hier schon einen sehr starken Ausschnitt erfordert hat – für einen Druck größer als ca. 10x15cm ist dieses Bild leider nicht mehr geeignet.

 

Ich kann nur jedem empfehlen, sich vor einem Kauf über das Objektivangebot für sein System schlau zu machen, und auch Kitobjektive oder ähnliche günstige Angebote nicht von vorneherein auszuschließen, wenn die Anforderungen passen. Ein beispiel für das Canon APS-C-System ist hier das 55-250mm Tele, welches ebenfalls eine gute Abbildungsleistung mit Bildstabilisator in einem sehr leichten Paket bündelt – zum Abschluss noch ältere Bilder aus meinen Canon-Zeiten…

 

5 Antworten auf „Es muss nicht immer das teuerste sein“

Hallo Jan, das ist zwar schon ein uralter Artikel, aber genau diese Frage ist bei mit auch aktuell. Dieselbe Auswahl an Objektiven (+ 50-140) stellt sich mir jetzt. Ich brauche es „gelegentlich“ mal. Wie bist du jetzt im Nachhinein mit dem Objektiv zufrieden hast du es noch bzw. würdest du es wieder kaufen? Ich selbst habe die X-T3 mit guten Festbrennweiten und dem 10-24 mm Zoom.

Hallo Torsten,

sorry, dein Kommentar ist leider im Spam-Ordner untergegangen.

Ja, ich würde mir das Objektiv wieder kaufen. Wie ich im Fazit schon geschrieben habe, es kommt immer auf die persönlichen Anforderungen an, ob die Nachteile (langsamer AF, wenig Lichtstärke) oder die Vorteile (kleines Packmaß, wenig Gewicht) überwiegen.

Persönlich bin ich oft mit der Kombination 10-24, 1,4/35 und 50-230 unterwegs. Die Objektive sind noch leicht zu transportieren und decken alles für mich Notwendige ab.

Hallo Jan,
da ich im Fuji-system eher im Weitwinkel oder in den Brennweiten bis 50mm unterwegs bin, ist der Telebereich auch eher selten.
Ein klares Ziel war auch bei mir, wenn Tele dann leicht.
Daher ist auch bei mir das 50-230 II in die Tasche gewandert und ich bin sehr zufrieden mit der Auswahl.
Zusammen mit dem 16er und dem 35er ein gutes leichtes Set.

Hallo, guter Artikel, ich bin zu Futj gewechselt und deinen Tipp umgesetzt, gebraucht gekauft 50-230 II.
Mit welcher Blendenvorwahl fotografierst du?
Meine Gründe zum wechsel zu Futj auf meiner HP im Tab: Mehr über mich. Grüssle Jens.

Hallo Jens,

dankeschön. Das mit der Blendenvorwahl ist schwer zu beantworten, es kommt immer auf das jeweilige Motiv an, welche Einstellungen ich verwende.

Grüße,
Jan

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